Polyurethan / PUR – KUNSTSTOFF
Polyurethan ist hauptsächlich unter dem Kürzel PUR bekannt. Dieser vielfältige und preiswerte Kunststoff wurde 1937 von Otto Bayer synthetisiert und gehört zur Urethan Gruppe. PUR und andere Mitglieder dieser Gruppe entstehen bei der Polyadditionsreaktion von wahlweise Diolen oder Polyolen mit Polyisocyanaten.
Je nachdem, wie die Zusammensetzung der beteiligten Monomer-Komponenten gewählt wird, ändert Polyurethan seine Eigenschaften vor allem in Bezug auf die Elastizität.
Wir planen und produzieren auch für Ihre Branche und Ihr Unternehmen.
Senden Sie uns Ihre Anfrage oder rufen Sie einfach an,
wir sind gerne für Sie da.
Die Eigenschaften von PUR
So kompliziert die Herstellung von Polyurethan für den Nicht-Chemiker auch klingen mag, in seinen höchst unterschiedlichen Einsatzgebieten ist dieser Kunststoff unerreicht. Die meisten Verbraucher kennen das Polyurethan in seiner Form als Bauschaum oder Montageschaum. Aber je nach Art der Herstellung und der bei der Synthese zugefügten Komponenten kann PUR weich und elastisch, aber genauso auch hart, unnachgiebig und spröde sein. Ganz unabhängig von der Elastizität und dem Vernetzungsgrad der Monomere als Schaumstoffe, Fasern oder stabile Bauteile, zeigt Polyurethan hervorragende Eigenschaften. PUR ist beständig gegen Feuchtigkeit, Lösungsmittel, Fette und Kohlenwasserstoffe, auch die UV-Strahlung macht ihm nichts aus. PUR ist schall- und wärmedämmend, leicht und stabil und behält seine Merkmale auch bei größeren Temperaturunterschieden.
Erscheinungsformen und Einsatzgebiete von PUR
Polyurethan tritt als Duroplast bzw. Kunstharz, Thermoplast oder Elastomer auf und wird zu einer Vielzahl von Produkten weiterverarbeitet. Die besondere Haltbarkeit und Leichtigkeit wird sowohl beim Hausbau wie in der Automobilproduktion geschätzt. Viele Fahrzeuge sind mit Türverkleidungen, Armaturen und selbst Kotflügeln aus Polyurethan-Gießharz oder PUR-Integralhartschaum ausgestattet. Andere Zweige der Industrie nutzen Polyurethan als Belag für Rutschen, Rollen oder Walzen. Polyurethane werden sogar als Rostschutz eingesetzt, indem sie mit Polymeren der Hydroxygruppen vernetzt und auf das blanke Metall aufgetragen werden. Als Schaumstoffe für Matratzen, Sessel oder Schwämme kann die jeweilige Nachgiebigkeit von Polyurethan bei der Herstellung exakt vorherbestimmt werden. Die Biokompatibilität macht PUR ebenso für den Einsatz für Küchen- und Haushaltsartikeln ideal. Nachdem die Polyurethane ausreagiert haben, sind im Normalfall keine gesundheitsschädlichen Wirkungen bekannt. Jedoch muss bei der Herstellung und Beimengung diverser Bestandteile mit großer Vorsicht agiert werden.
PUR in der Herstellung
Die verschiedenen Eigenschaften von PUR kommen hauptsächlich durch Änderungen an der Zusammensetzung der Polyol-Komponenten zustande. Wenn z.B. zur Synthese der Polyurethane Polyesterpolyole verwendet werden, zeigt das Polyurethan eine höhere Stabilität und Festigkeit, weil diese Polyole schon beim Zusammentreffen mit den Polyurethanen erstarren und feste Verbindungen herstellen. Will man dagegen das PUR aufschäumen lassen, gibt man Wasser hinzu. Wasser reagiert mit dem Isocyanat, indem Kohlendioxid abgespaltet wird, das den Schaum je nach gewünschter Konsistenz auftreibt und damit eine Dichte zwischen ca. 30 kg/m³ für weichen und 90 kg/m³ für harten Schaum erzielt. Zum Vergleich dazu liegt die Dichte von Polyurethan ohne Wasserzugabe bei 1.000 bis 1.300 kg/m³.
Die Verarbeitung von PUR als Bauteil
Das Spritzgießen mit PUR ist nicht so verhältnismäßig trivial wie der Spritzguss anderer Kunststoffe. Die meist verwendeten Thermoplaste werden beim Spritzgießen im erhitzten Zustand verflüssigt, in die Matrize, also das Werkzeug eingespritzt und erstarren beim Abkühlen zur gewünschten Form. Die Formgebung von PUR-Bauteilen erfordert dagegen das Mischen von verschiedenen Komponenten während des Verfahrens. Dieses Urformverfahren wird als Reaction Injection Moulding (RIM) bezeichnet. Dazu werden die Bestandteile zunächst gründlich gemischt und anschließend in das Werkzeug eingegeben. Die Art und die Anteile der zu mischenden Polymerflüssigkeiten Polyol und Isocyanat können bereits während des Einfüllens in den Mischer bestimmt werden. Daher lassen sich bereits nach kurzen Umrüstzeiten PUR-Kunststoffe als Bauteile mit unterschiedlichen Formen und Materialeigenschaften erzeugen. Bei einer vergleichsweise niedrigen Temperatur von ca. 40 Grad Celsius entsteht nach dem Mischen eine exotherme Reaktion, die die Temperatur der entstehenden Kunststoffe im Werkzeug mehr als verdoppelt.
Unterschiede zum normalen Kunststoff-Spritzguss
Die jetzt stattfindende Reaktionsphase dauert von einer bis zu wenigen Minuten, dann kann das Polyurethan-Bauteil ausgeworfen werden und Platz für das nächste machen. Die Konstruktion der entsprechenden RIM-Spritzgießmaschine unterscheidet sich in einigen wesentlichen Komponenten von einer normalen Spritzgießmaschine. Anders als bei reinen Thermoplasten wird für Polyurethan beim Anpressen des zweiten Teils des Werkzeugs kein so enormer Druck benötigt. Die Viskosität der gemischten Bestandteile der Reaktionsmasse ist ungleich niedriger. Das daher intensivere Fließverhalten erlaubt eine größere Komplexität in den Fließwegen im Werkzeug, erfordert jedoch eine höhere Abdichtung des Werkzeugs und eine wesentlich genauere Dosierung. Da jedoch aufgrund des niedrigen Pressdrucks und der niedrigen Temperaturen das Material für das Werkzeug sowohl aus Aluminium wie auch aus Kunststoffen bestehen kann, verursacht der Werkzeugbau für das RIM-Verfahren beim Polyurethan wesentlich niedrigere Kosten. Der aufwändige Werkzeugbau aus Edelstahl stellt im Allgemeinen den größten Kostenfaktor im Spritzguss dar.
Kombination von Spritzguss und Reaction Injection Moulding
In jüngster Zeit ist eine neue Methode vorgestellt worden, um den traditionellen Spritzguss mit RIM zu kombinieren. Mit einer komplexen Maschinerie und einem weiterentwickelten Werkzeugbau lassen sich Formteile zunächst als thermoplastische Elemente spritzgießen. Dieser sogenannte Vorspritzling wird im Anschluss mit einer PUR-Mischung geflutet. Diese verbindet sich während der exothermischen Reaktion mit der Oberfläche des Spritzlings und bildet eine eigene Schicht. Damit entsteht durch die niedrige Viskosität eine höhere Formgenauigkeit. Vor allem aber überzeugen die Ergebnisse durch ihre haptischen Merkmale. Beim vorgestellten Bauteil aus Polyurethan und der Thermoplast-Kunststoffe handelte es sich um ein Gurtschloss für ein Oberklassen-Automobil. Während die thermoplastische Komponente aus hoch belastbaren Polyamid bestand, sorgte die PUR-Oberfläche für hoch bewertete Soft-Touch-Eigenschaften. Die Schichtstärke des Polyurethans variierte dabei zwischen 0,8 und 3,0 Millimeter. Spritzgießmaschine, RIM-Mischer, Einfüllmechanismus und das Entnahmesystem sind hier in Kompaktbauweise in eine Anlage integriert.
Fazit
Die hohe Variabilität der Eigenschaften von Polyurethan sowie die niedrigen Kosten für die Erzeugung und Verarbeitung verschaffen diesem Werkstoff zu Recht allgemeine Anerkennung. In Verbindung mit moderner Technologie wird PUR weiterhin einen Spitzenplatz unter den Kunststoffen einnehmen.
Die unverwüstliche Haltbarkeit macht jedoch ein sinnvolles Recycling notwendig. Dabei wird das an und für sich kosteneffiziente und umweltschonende Verfahren dadurch erschwert, dass die vielen PUR-Varianten jeweils sortenrein gesammelt werden müssen.